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Erschienen im "Ustermer Tagblatt / Züri Oberländer Anzeiger"
am 8. September 2001 auf dem Internet veröffentlicht

Es zieht weniger Schweizer aufs Meer

Der Verband der Schweizer Seeleute klagt über Nachwuchsprobleme für die Hochseeschifffahrt

sda. Wenn am Wochenende der Seemanns-Club der Schweiz (SCS) in Villnachern den 60. Geburtstag der Schweizer Hochseeflotte feiert, geht es um mehr als Seemannsgarn. Den Schweizer Seeleuten bereitet der Nachwuchsmangel Sorgen.

Seine erste Auslandreise machte der Zentralpräsident des Seemanns-Clubs, Ernst Heiniger, in den sechziger Jahren auf einem Frachtschiff der Schweizer Hochseeflotte. Vier Jahre lang, bis zu seiner Heirat, fuhr er als Maschinenoffizier zur See.

Abenteuerlust und «Gwunder»
Rund 600 Schweizer arbeiteten damals auf den Schiffen. «Abenteuerlust und Gwunder» waren für Heiniger Gründe fürs Anheuern. «Man war damals weniger mobil als heute und konnte sich weniger Reisen leisten.» Drei bis vier Tage oder auch drei Wochen lang lagen die Schiffe in den Häfen. Zeit genug für Heiniger und seine Kameraden, die Niagarafälle, die Kaiserstadt Kyoto oder die chinesische Mauer zu sehen. Heute sind die Aufenthalte in den Häfen kurz geworden, um die Welt zu sehen, bleibt kaum noch Zeit.

«Wir sind überaltert»
Und ohne den Traum von der grossen weiten Welt sei der tiefe Lohn der Seeleute im schweizerischen Vergleich zu wenig wert. Von den 710 Mitgliedern des SCS sind die meisten ehemalige Seeleute. «Und wir sind überaltert», sagt Heiniger.

Einer, der gerne Seemannsgarn spinnt und seine Heuer fürs zollfreie Einkaufen in den Häfen nutzte, ist Hannes J. Rohner aus Uster. Seine erste Fahrt vor über 20 Jahren hat er noch genau in Erinnerung. In sieben Jahren sah er als Schiffskoch alle Weltmeere. Er möchte es nicht missen, «aber irgendwann hat man es gesehen.»
Wenn der SCS dieses Wochenende den 60. Geburtstag der Schweizer Hochseeflotte feiert, will er damit auch etwas für die Zukunft tun. Filme, Schiffsmodelle, Dokumente vom Leben auf See sollen das Interesse von jungen Leuten für die Seefahrt wecken und zeigen, weshalb die Schweiz eine Handelshochseeflotte braucht.

Wissen geht verloren
Auf 23 Schiffen unter Schweizer Flagge arbeiten gegenwärtig rund 340 Personen. Noch gut ein Dutzend von ihnen haben einen Schweizer Pass. Die meisten Mannschafts-mitglieder sind Kroaten und Filipinos, die laut Jean Hulliger, Direktor des Schweizer Seeschifffahrtsamts in Bern, einen ausgezeichneten Ruf als Seeleute haben. Dennoch bedauert er das schwindende Interesse der Schweizer an der Seefahrt: «Know-how und Erfahrung in der Seefahrt, auch für die Arbeit an Land, gehen in der Schweiz verloren.»

Der Bund greift unter die Arme
Dass mehr Geld die Lust aufs Anheuern wecken kann, zeigte sich Anfang der neunziger Jahre, als die Schweizer Seeleute vom Bund Finanzhilfen erhielten. Sie waren das Resultat eines Vorstosses in für Reedereien wirtschaftlich schwierigen Zeiten und sollten helfen, Schweizer Personal auf Schweizer Schiffe zu bringen.

«Der Bestand an Schweizern ist damit erfreulich gestiegen», sagt Hulliger. Leider habe sich die Einstellung der Finanzhilfen 1994 auf den Bestand an Schweizern eben auch sofort ausgewirkt. Mit der Lage auf dem Arbeitsmarkt in der Schweiz habe die zurückgegangene Nachfrage nach Stellen und Karrieren auf See kaum etwas zu tun. Ob eine solche Massnahme des Bundes in ähnlichem Mass wirksam sein könnte, konnte er nicht zu sagen.

Harte Arbeit auf See
Potenzielle Seeleute abschrecken dürften heute wohl die harten Arbeitsbedingungen auf den Schiffen und die lange Trennung von der Familie. Das Seeschifffahrtsamt in Basel informiert zwar über Berufe auf See und vermittelt Kontakte zu Reedereien. «Aber das Metier selbst muss eben Faszination ausüben

Mitten im Weltkrieg gegründete Flotte
sda. Mit einem Durchschnittsalter von dreieinhalb Jahren ist die im Krieg gegründete Schweizer Hochseeflotte heute die modernste weltweit. Die 23 Schiffe mit Heimathafen Basel verfügen zusammen über eine Tragfähigkeit von knapp einer Million Tonnen. Mit Bürgschaftskrediten erleichtert der Bund den fünf Reedereien im Land die Rahmenbedingungen für den Kauf neuer Schiffe. Weitere Subventionen erhält die Schweizer Hochseeflotte nicht.

Erster Rang
Mit ihrer Flotte belegt die Schweiz unter den Binnenländern den ersten und unter den 153 Schifffahrtsnationen den 60. Rang. Rund 230 Schiffe mit einer Tragfähigkeit von rund 5,5 Millionen Tonnen werden von der Schweiz aus unter ausländischer Flagge betrieben.

Gegründet wurde die Schweizer Hochseeflotte im Kriegsjahr 1941 für die Sicherung der wirtschaftlichen Landesversorgung. Jener Beschluss des Bundes beruhte auf Kriegsnotrecht. Die Schweiz kaufte in ihrer Not zunächst mehrere alte Schiffe in schlechtem Zustand. Das Seeschifffahrtsgesetz der Schweiz stammt von 1953.

Eine aufstrebende Branche?
Jean Hulliger, Direktor des Schweizer Seeschifffahrtsamts in Bern, sieht die Flotte heute als Kern eines aufstrebenden Dienstleistungsbereiches der Schweiz. Dies angesichts der Tatsache, dass sich vor allem in der Westschweiz mehrere international tätige Gesellschaften für Schiffsmanagement niedergelassen hätten.

Erfahrungsaustausch wichtig
Der Seemanns-Club der Schweiz (SCS) wurde 1962 von ehemaligen und aktiven Schweizer Seeleuten gegründet und hat heute rund 700 Mitglieder. Der Austausch von Erfahrungen und nicht finanzielle Hilfe für Seeleute gehören zu seinen Aufgaben. Die sieben Sektionen haben ihre Sitze in der Deutschschweiz.

 

erschienen in der "Thurgauer Zeitung" am 6. August 1998
auf dem Internet veröffentlicht

Die Schweizer Flagge auf den Weltmeeren

Von allen Binnenmärkten verfügt die Eidgenossenschaft über die grösste Handelsflotte

 

Die Tatsache, dass Hochseeschiffe unter Schweizer Flagge mit Heimathafen Basel die Weltmeere befahren, löst im Ausland - gelegentlich auch im Inland - oftmals ungläubiges Staunen aus. Mit ihren gegenwärtig 20 Einheiten von insgesamt 836’807 DWT Tragkraft und einem Anteil von knapp 0,1% an der Welttonnage nimmt sich die Schweizer Handelsflotte zwar bescheiden aus, doch steht sie damit an erster Stelle unter den Binnenstaaten und an 63. Stelle in der Weltrangliste.

Die Schweizer Hochseeflotte, welche im Zweiten Weltkrieg zur Überwindung schwerer Nachschubprobleme geschaffen worden war, stellt heute unter ganz anderen politischen Vorzeichen wiederum ein wichtiges Instrument der schweizerischen Versorgungspolitik dar. Heute stünde sie dem Bundesrat auch im Falle einer politischen oder wirtschaftlichen Krise zur Verfügung, um den Warenfluss von und nach Übersee jederzeit sicherstellen zu können. Angesichts der Tatsache, dass über 90 Prozent aller Waren mindestens einmal zur See transportiert werden, wird die Bedeutung der Seeschifffahrt und damit die Existenz einer eigenen Handelsflotte für unser Land deutlich

Fünf Reedereien mit 20 Schiffen
Gegenwärtig betreiben fünf Reedereien 20 Handelsschiffe unterschiedlichen Typs und unterschiedlicher Grösse unter Schweizer Flagge. Acht weitere Schiffe befinden sich derzeit noch im Bau auf Werften in Taiwan, Südkorea und Holland, während zwei ältere Einheiten in absehbarer Zeit im Register der schweizerischen Seeschiffe gestrichen werden. Die grössten Schiffe, die «m/s Diavolezza» und ihr Schwesterschiff, die «m/s St-Cergue», sind 242 Meter lang, 32,20 Meter breit und verfügen über eine Tragkraft von je 75’500 DWT. Als sogenannte Bulk-Carrier (das sind Schiffe für den Transport von Schüttgütern wie Getreide, Kohle, Erze u.a.m.) sind sie so konstruiert, dass sie gerade noch den Panamakanal durchfahren können (sog. Panamax-Klasse).

Frachter und Spezialschiffe
Das Gros der Schweizer Flotte besteht aus mittelgrossen Trockengutfrachtern, insbesondere der Handy-Size und der Handy-Max-Klasse mit einer Tragkraft zwischen 43’000 und 48’500 DWT. Sie alle verfügen über eigene Kräne zur Selbstbeladung und -entladung.

Das erlaubt ihnen das Anlaufen auch von Häfen mit unzureichender, fehlender oder zerstörter Infrastruktur. Ein kleinerer und ein mittlerer Trockengutfrachter von 6’300 beziehungsweise 37’268 DWT, beide ebenfalls mit eigenen Kränen ausgerüstet, gehören zur Kategorie der Multi-Purpose- oder Mehrzweckfrachter. Mit ihnen lassen sich vor allem Stückgüter in Kisten, Fässern oder anderen Gebinden, aber ebenso Massengüter transportieren.

Für die Schweiz mit einer eigenen starken Chemieindustrie ist von besonderem Interesse, dass unsere Flotte auch über drei Chemie-Produkte-Tanker mit einer Gesamttragkraft von rund 22’500 DWT verfügt. Diese Spezialschiffe werden von einer auf den Transport flüssiger Güter spezialisierten Genfer-Reederei betrieben und sind in der Lage, Chemikalien aller Gefahrenklassen zu transportieren, notfalls auch Erdölprodukte oder sogar Rohöl. Dieselbe Reederei führt zur Zeit auch noch einen kleinen Alkohol-Wein-Tanker unter Schweizer Flagge. Als ältestes Schiff unserer Flotte mit Jahrgang 1972 wird es jedoch demnächst ausgeflaggt. Obwohl die Schweiz zu 100% Erdöl einführen muss, finden sich in ihrer Flotte keine eigentlichen Öltanker, weder Produkte- noch Rohöltanker. Dieses Geschäft gilt derzeit wegen der stark schwankenden Charterraten, schwacher Gewinnmargen und sehr kostspieliger Investitionen als zu risikoreich.

Künftig auch Containerschiffe
Heutzutage werden vor allem Fertiggüter und Halbfabrikate, aber auch leicht verderbliche Güter immer mehr durch Transportsysteme von Tür zu Tür befördert. Bei solchen Transporten kommt es im Just-in-Time-Zeitalter vor allem darauf an, dass sie sehr rasch abgewickelt werden. Ein mühsames Umladen von einem Transportmittel auf das andere gilt es aus Zeit- und Kostengründen zu vermeiden, zumindest muss aber der entsprechende Aufwand möglichst gering bleiben. Solche Güter werden schon seit vielen Jahren in Containern transportiert.

Für den Seetransport wären die schweizerischen Trockengutfrachter zwar nach kleineren technischen Anpassungen durchaus in der Lage, solche Fracht zu laden, doch wäre dies unrationell und somit auch unrentabel. Innerhalb der nächsten anderthalb Jahre wird deshalb die Schweizer Flotte um sechs kleinere und mittlere Container-Schiffe ergänzt. Durch sie kann endlich eine seit langem bestehende Lücke wieder geschlossen werden.

Flexibler Einsatz
Solche Schiffe sind sehr flexibel im Einsatz, da sie nicht nur mit relativ grosser Geschwindigkeit bis zu 20 Knoten fahren, sondern weil sie gleichzeitig die unterschiedlichsten Containertypen wie Flüssiggut- und Kühlcontainer laden können und zudem über eigenes Ladegerät verfügen. Ihre Bedeutung liegt aus schweizerischer Sicht nicht nur im reinen Versorgungsaspekt. Angesichts unserer starken Exportwirtschaft bieten sie ebenso die Möglichkeit, unsere Produkte jederzeit mit eigenen Mitteln in unsere Absatzmärkte zu transportieren.

Alle Krisen überstanden
Unsere Schiffe sind weltweit in der sogenannten Trampschiffahrt im Einsatz, das heisst, sie operieren nicht wie in der Linienschiffahrt nach einem festen Fahrplan auf ganz bestimmten Routen, sondern überall dort, wo sie Ladung erhalten. In der Regel fahren sie im Time-Charter für eine Firma, die sie während einer bestimmten Zeit nach ihren eigenen Bedürfnissen einsetzt. Auch die Schweizer Reedereien müssen sich auf dem freien Markt mit ihrer Konkurrenz messen. Dieser Wettbewerb ist sehr hart, und es überlebt nur, wer einen absolut professionellen Service bietet. Gegenwärtig sind die Charter-Raten wegen der Asien-Krise allgemein sehr tief. Dank ihrer hohen Professionalität haben die Schweizer Reeder bisher aber trotz aller Nachteile, die der Flotte eines Binnenstaates anhaften, noch stets alle Krisen erfolgreich überstanden.

Kein Platz für Schiffahrtsromantik
Für Schifffahrtsromantik, wie wir sie etwa von Abenteuerfilmen her kennen, ist heute in diesem Metier kein Platz mehr vorhanden. Wer einen Arbeitsplatz in der See- schifffahrt sucht, muss sich dieser Tatsache bewusst sein. Die Liegezeiten in den Häfen sind meist nur noch sehr kurz, so dass kaum mehr Zeit für ein fröhliches Seemannsleben bleibt. Die Arbeit an Bord ist streng, oft auch eintönig, und erfordert gute berufliche Fachkenntnisse. Nur Leute, die charakterlich gefestigt sind, können in diesem Beruf bestehen. Auf unseren Schiffen sind 85% Ausländer und nur noch 15% Schweizer, vor allem im Maschinenbereich, beschäftigt. Den grössten Anteil am Mannschaftsbestand haben mit rund 50% die Kroaten, die traditionell als ausgezeichnete Seeleute gelten. Damit an Bord kein Sprachenbabel herrscht, wird Englisch als internationale Schifffahrtssprache verwendet. Da es in unserem Lande keine Ausbildungsmöglichkeiten für Seeleute gibt, müssen Schweizer, die eine Offizierskarriere einschlagen wollen, die erforderlichen Seefahrtsschulen im Ausland, vornehmlich in England und Deutschland besuchen. Der Bund übernimmt bis zu zwei Drittel der Ausbildungskosten. Trotz dieser Unterstützung ergreifen aber nur wenige Schweizer eine maritime Laufbahn. Die Arbeitsbedingungen mit monatelanger Abwesenheit erscheinen wenig attraktiv, insbesondere für Seeleute mit familiärer Bindung in der Schweiz.

Der Seeverkehr ist die Achillesferse

Zur Sicherung der wirtschaftlichen Landesversorgung fördert der Bund die Hochseeschifffahrt

Als Folge der Globalisierung der Märkte wird unsere Wirtschaft zusehends vom Ausland abhängiger. Hinzu kommt, dass der weltweite Konkurrenz- kampf unsere Unternehmungen zu ständiger Optimierung betriebswirt- schaftlicher Vorgänge zwingt, was in den letzten Jahren zu einer massiven Verringerung der Betriebsvorräte in Handel und Industrie geführt hat (just-in-time). Dies war wiederum nur dank absolut zuverlässig funktionierender Verkehrssysteme möglich.

Störungen im Seeverkehr, ausgelöst durch politische, kriegerische, wirtschaftliche oder andere Ereignisse, die ihre Ursache unter Umständen sogar in weit entfernten Regionen der Welt haben, können rasch zu Unterbrüchen der überseeischen Handelsströme führen. Dafür bedarf es keineswegs mehr nur eines Grosskriegs in Europa; bereits viel geringfügigere Ereignisse können diese sensiblen Versorgungsströme unterbrechen. Der Golfkrieg von 1990/91 hat letztmals gezeigt, dass Schiffsraum in solchen Fällen innert kürzester Zeit knapp wird. Für ein Binnen- land wie die Schweiz bildet deshalb der Seeverkehr die eigentliche Achillesferse.

Noch nie einen Franken verloren
Damit unsere Versorgungswirtschaft in solchen Krisen aber nicht vollständig auf das Ausland angewiesen bleibt, fördert der Bund schon seit vielen Jahren die Hochseetonnage, indem er die Schiffsfinanzierung mittels Bürgschaften erleichtert. Seit Beginn seines Engagements 1948 hat er noch nie einen Franken verloren. Eine solch effiziente Förderung darf sich allemal sehen lassen!

Strikt neutral
In einer Krise würde der Bundesrat die benötigten Schiffe nach Bedarf zwangs-chartern oder requirieren; nötigenfalls stünde ihm sogar ein Enteignungsrecht zu. Wichtig ist indessen, dass gegenüber allen seefahrenden Nationen der neutrale Charakter der Schweizer Flagge unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird durch eine strenge Schiffahrtsgesetzgebung bezüglich Schiffseigentum und Management, durch striktes Vermeiden von Massnahmen, die unsere Schiffe in den Verdacht der Parteilichkeit bringen könnten, sowie durch technische Massnahmen wie das Aussenden elektronischer Erkennungssignale als «neutral ships» im Falle eines Konflikts.